streng erziehen mit 7 Monaten?
vielen Dank für Ihre Antwort. Diese hat mir ungemein geholfen! Ihre Anregung zum Nachdenken über diese Fragen, hat mich berührt. Können Sie mir eventuell Literatur nennen, die so geschrieben ist, wie Sie es hier raten?
LG
im deutschsprachigen Raum sind es z.B. Herbert Renz Polster, der sich in vielen Büchern und Artikeln mit diesem Thema auseinandersetzt. Insbesondere hat sich Thomas Harms viele bindungsfördernde, hilfreiche Gedanken und Umsetzungen für die Begleitung des Weinens und Schlafens eines Säuglings und Kleinkindes gemacht, der besonders auch die Eltern einbezieht in der Bewältigung. Viele kreative Ideen und fördernde Begleitungen für das Kind haben auch die anthroposophischen Pädagogen auf ihre besondere Weise. Remo Lago aus der Schweiz hat sich über Jahrzehnte wissenschaftlich mit der Entwicklung eines Säuglings und Kindes auseinandergesetzt.
Dies sind einige Beispiele.
Alles Gute , Inken Hesse
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mein Sohn ist nun 7 einhalb Monate alt und wir haben momentan das Problem, dass er sich weder wickeln noch anziehen lassen will. Er ist sonst ein sehr fröhliches Baby und weint sehr wenig. Aberversuche ich ihn zu wickeln oder anzuziehen will er sich immer auf den Bauch drehen und wegkrabbeln. Dies macht es mir unmöglich die Windel zu wechseln bzw. den Po richtig sauber zu bekommen. sobald ich ihn zurück auf den Rücken drehen will geht es los, dass er sich windet und anfängt zu meckern. Gebe ich dann nicht nach, steigert er sich rein und fängt jedes Mal bitterlich an zu weinen. Dann nehem ich ihn hoch um ihn zu trösten und versuche es erneut, mit dem selben Ergebnis. Beim Anziehen ist seine Reaktion ähnlich, also wegdrehen, winden, regelrecht kämpfen bis zum weinen. Ablenken durch z.B. singen, etwas in die Hand geben etc.klappt leider auch nicht mehr. Ich weiß nicht ob ich etwas falsch mache?
Auch das hinlegen tagsüber ist regelrecht zum Kampf geworden. Er lässt sich einfach nicht mehr auf dem Rücken ablegen zum schlafen. Auch hier dreht er sich ständig auf den Bauch und krabbelt bzw. windet sich obwohl er sichtlich todmüde ist. Das hat schon viel besser und selbstständiger geklappt. Aber mitlerweile bekomme ich ihn nur an der Brust zum einschlafen ohne Kampf. Momentan bekommt er zähne, kann es auch daran liegen, dass er z.B. beim Einschlafen wieder mehr Begleitung braucht und die Brust will?
Ich habe nun von mehreren seiten gehört, dass man ein Baby ab den 7. Monat anfangen sollte "zu erziehen" und das es sich hierbei um einen Machtkampf handele. Ich solle einfach konsequent bleiben und ihn immer wieder zurückdrehen bzw. festhalten und mit fester stimme z.B. "liegen bleiben"sagen. auch wenn er weint solle ich es durchziehen, so würde er es lernen. Soweit die Tipps der Kinderärztin.
Ich bin mir da etwas unsicher. Ich habe es versucht und wenn ich so streng werde und ihn immer wieder zurückdrehe, weint er bitterlich. Es fühlt sich für mich nicht gut an seinen Willen auf diese Art und Weise "zu brechen". Aber ich weiß auch nicht was ich sonst tun soll, damit es wieder entsapannter wird für uns beide! Ich möchte liebevoll auf ihn eingehen, aber möchte auch nicht, dass er so wirklich lernt, dass er mit Theater machen weiter kommt. Ich bin einfach ratlos.
Was meinen Sie? Handelt es sich wirklich bereits um totz und einen Machtkampf? Wie soll ich vorgehen? Haben Sie Tipps für mich zum Thema Wickeln, Anziehen und Einschalfen am Tag?
Lieben Gruß und vielen Dank
Frage vom 21.01.2019
Sie haben eine sehr umfangreiche Frage gestellt, die sich viele Eltern schon in dergleichen Situation wie Sie gestellt haben. Diese Fragen um den Umgang mit dem eigenen Kind werden sich immer wieder stellen in der ganzen Begleitungs- und Entwicklungszeit. Ich kann diese Frage nicht auf die übliche Weise beantworten, sondern lade Sie ein, meine Beschreibungen auf Sie wirken zu lassen und dann zu reflektieren, wie Sie die Begleitung Ihres Kindes gestalten möchten. Sie befinden sich als Mutter in einem typischen Dilemma. Der Aktivitätsgrad Ihres Kindes hat sich deutlich erweitert und die motorische Entwicklung macht es möglich, dass sich Ihr Kind für einen Teilbereich immer mehr einen Weg in die Autonomie sucht. Somit stoßen Sie an Grenzen, die die bisherigen möglichen und normalen Alltagshandlungen verändern und gefühlt und insbesondere auch gedacht zu einem "Kampf" werden lassen. Wenn es um Kampf geht, kommt sofort der Begriff von "Macht" ins Spiel. Das jedenfalls wurde Ihnen von der Kinderärztin vermittelt: ab jetzt gelte es, diesem "Machtstreben" Ihres Sohnes mit konsequenter, strenger Erziehung zu begegnen, damit er nicht lernt, immer "Theater" zu machen, um weiter zu kommen. Gleichzeitig spüren Sie das Unrecht, seinen Willen? brechen zu wollen und sogar zu können, da Sie selbst sich ja in einer zumindest körperlich stärkeren Position befinden. Genau dieser Punkt macht Sie besonders ratlos und hilflos und auch anfällig für Ratschläge von anderen Menschen, sprich für vorschnelle Lösungen. Dabei empfehle ich Ihnen jetzt ganz auf sich zu schauen, denn Sie haben es in der Hand, eine Form von Macht auszuüben. Dabei braucht es das Nachdenken über folgendes: was für ein Mensch bin ich, was macht dieser Ratschlag innerlich mit mir, will ich das wirklich, wie fühlt sich das an, wie viel Geduld habe ich, was habe ich selbst gelernt, was möchte ich weitergeben, was muss ich selbst noch lernen, was kann ich und wo muss ich mir selbst Hilfe holen, wenn ich feststelle, dass ich an meine eigenen Grenzen komme, was für eine Mutter möchte ich sein, wie habe ich mir Begleitung und Erziehung vorgestellt, auch mit meinem Partner, was für eine Familie möchten wir sein? Hierbei kann es sehr wohl hilfreich sein, dass Sie sich als Mutter sehr gut über die anstehenden zeitlichen Entwicklungsschritte Ihres Kindes informieren und zwar aus primär liebevollen (und auch fundierten neuro-wissenschaftlichen) Quellen, die Ihrer beider Rechte und Bedürfnisse anschauen. Meiner Meinung sollten sich diese Quellen primär an einem menschlichen Entwicklungsbild orientieren: es gilt Beziehung vor Erziehung und Bindung vor Bildung. Ich glaube fest daran, dass alle Eltern sich damit auseinandersetzen müssen, um mit! ihren Kindern gemeinsam wachsen zu können. Alles Gute, Inken Hesse, Hebamme
Antwort vom 28.01.2019